Wie können Wirtschaft und Politik voneinander lernen? Darüber habe ich für BBUG, dem Magazin der Baden-Badener Unternehmer Gespräche, mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Verena Hubertz und dem ehemaligen Gesundheitsminister und heutigen Allianz-Vorstand Daniel Bahr ein Interview geführt.
Frau Hubertz, hören Sie gut?
Hubertz Ich höre bestens, wieso fragen Sie?
Weil viele Unternehmensverbände klagen, kein Gehör mehr in der Politik zu finden. Gemeint ist Bundeskanzler Olaf Scholz, aber auch generell die SPD.
H Auch Olaf Scholz hat gute Ohren, lässt sich viel erklären. Das Problem gerade ist grundsätzlich: Wir reden zu viel übereinander und zu wenig miteinander.
Was ist der Grund dafür?
H Wir erleben eine Polykrise: erst die Pandemie, dann die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten, den Klimawandel, die nötige grüne Transformation unserer Wirtschaft. Zudem vergiftet die AFD das politische Klima. In dieser aufgeheizten Atmosphäre machen sich offenbar auch viele Vertreter der Wirtschaft Sorgen und urteilen oft zu negativ über die wirtschaftspolitische Lage in unserem Land.
Bahr Von Hans-Dietrich Genscher, der als Außenminister mit dramatischen globalen Konflikten zu tun hatte, habe ich gelernt: Es ist nicht schlimm, unterschiedliche Meinung zu sein. Aber wir müssen immer versuchen, einander zu verstehen. Hier hatte die Politik in den vergangenen Jahren Defizite, vor allem bei Entscheidungen, die stark ideologisch geprägt waren: der Abschied von der Atomkraft, von der Kohle, vom russischen Gas.
H Man sollte aber nicht vergessen, dass wir zu viel auf das blicken, was die Politik angeblich nicht schafft, anstatt auf das, was gelingt. Bei der Energiewende kommen wir mit großen Schritten voran. Wir haben nach dem russischen Überfall auf die Ukraine in kürzester Zeit die Voraussetzungen für Flüssiggasterminals geschaffen, um die Versorgungssicherheit zu garantieren. Da wurden viele Nächte durchgemacht. Als Politikerin arbeite ich mehr als in meiner Zeit als Gründerin.
B Dem Klischee von der grundsätzlich faulen, langsamen Politik werde ich immer widersprechen. Im Übrigen schleppen sich auch in der Wirtschaft manche Prozesse dahin. Umgekehrt werden in der Politik Entscheidungen bisweilen sogar zu schnell getroffen, eben ohne vorher in den Dialog zu treten.
H Stimmt. Vielleicht hätten wir im vergangenen Winter die Proteste der Bauern gegen die Streichung der Agrardieselsubventionen vermeiden können, wenn wir diese Entscheidung besser vorbereitet und abgestimmt hätten. Insgesamt kann ich aber sagen, dass wir das Gespräch suchen und auch daraus lernen.
Wie zeigt sich das konkret?
H In meinem Wahlkreis habe ich kürzlich ein Unternehmen besucht, das eine sehr innovative Form des Recyclings betreibt. Die Gründer haben mir drei prall gefüllte Leitz-Ordner gezeigt: Darin waren nur Unterlagen, mit denen das Unternehmen beweist, dass es den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetz genügt. Auch die Förderungsanträge, die das Unternehmen stellt, sind unnötig aufwändig und kompliziert. Wir werden diese Prozesse jetzt stark vereinfachen.
B Ich nehme wahr, dass die Ampelregierung sich um das Thema Bürokratieabbau kümmert. Aber das genügt noch nicht. Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem starken globalen Wettbewerb. Viele unserer Konkurrenten sind besser geworden, während wir hinterherhinken. Deswegen brauchen wir ein gemeinsames Verständnis von Wirtschaft und Politik: Was sind unsere Stärken? Wie können wir diese weiterentwickeln? Wie handeln wir bei den Themen Arbeitskosten, Ausbildungsqualität, Digitalisierung?
H Und ich wünsche mir von der Wirtschaft konstruktivere Beiträge. Es wird etwa immer allgemein Bürokratieabbau gefordert – aber welche Vorschriften sind wirklich unnötig? Wie ginge es besser?
Können Seitenwechsler wie Sie beide diesen konstruktiven Dialog stärken?
H Auf jeden Fall. Ich kann meine Position als Unternehmerin oft in die Diskussionen innerhalb der Partei, in der Fraktion oder im Bundestag einbringen. Ich verstehe zum Beispiel die Forderung nach einem höheren Mindestlohn. Aber ich weiß auch, dass man solche Löhne bezahlen können muss.
B Mich hat überrascht, wie wenig Wissen es oft in der Wirtschaft über politische Entscheidungsprozesse gibt. Man denkt, überspitzt gesagt, dass es genügt, einen Minister auf ein Problem aufmerksam zu machen. Aber in der Politik entscheidet nicht allein das Sachargument, der Business Case. Es geht auch darum, dass man politische Mehrheiten braucht, dass man die komplexe föderale Architektur der Bundesrepublik beachtet, dass die Politik jede Entscheidung auch darauf prüfen muss, wie sie sich auf das zukünftige Wahlverhalten der Bürger auswirkt. So gesehen ist es schade, dass es so wenig Seitenwechsler gibt. In den USA, wo ich nach meinem Abschied aus der Politik ein Jahr gelebt habe, besteht eine größere Durchlässigkeit von Politik und Wirtschaft, die das wechselseitige Verständnis erhöht. Das gilt ebenfalls für Frankreich, auch weil viele Entscheidungsträger an denselben Universitäten studiert haben. Man spricht gewissermaßen eine gemeinsame Sprache. Bei uns reden Politik und Wirtschaft oft aneinander vorbei, sprechen nur scheinbar von denselben Dingen. Vielleicht entsteht auch so das Gefühl, dass man einander nicht zuhört.
Wie könnte man besser zwischen der Sprache der Politik und der Sprache der Wirtschaft vermitteln?
H Ich finde das Format der BBUG sehr spannend. Hier kommen Wirtschaft und Politik ins Gespräch. Das hilft in ganz vielen Fällen, auch wenn man einmal schnell einen Ansprechpartner braucht, um ein Problem besser zu verstehen.
B Die Entscheidungen müssen im Parlament getroffen werden und diese Rolle sollten wir sogar stärken. Aber die Qualität dieser Entscheidungen lässt sich verbessern, durch verschiedene Initiativen, Kommissionen, Formate, wo Politik und Wirtschaft zusammenkommen. Es ist einfach: Ein Politiker muss Wahlen gewinnen. Ein Manager muss profitabel wirtschaften. Wenn es gelingt, sich in den anderen hineinzuversetzen und seine jeweiligen Handlungszwänge zu verstehen, haben wir schon viel gewonnen.
Mein Traum vom großen Geld ist wenig originell, aber das gilt ja für viele Träume. Und natürlich spielen in meinen Vorstellungen das eine oder andere Eigenheim eine Rolle, edles Kochgeschirr und jede Menge freie Zeit. Das Beste an diesem Traum ist aber, dass er ein Kurzurlaub von der Wirtschaftskrise in meinen Kopf ist. Er unterbricht meinen mentalen Sorgensermon: Verdiene ich genug? Reicht die Rente? Nehmen mir Roboter meinen Job und in der Folge auch die Rente weg? Und was steht eigentlich in diesem Brief von der Haftpflichtversicherung, den ich seit zwei Wochen nicht öffne?
Nun ist natürlich nicht ausgemacht, dass der Wert des Bitcoins immer weiter steigt. Für eine kurze Zeit, Ende 2017, lag der Kurs auch schon viel höher als heute, nämlich bei 16 000 Euro pro Bitcoin. Jede Woche kann ich in der Zeitung lesen, dass Bitcoin-Besitzer alles verlieren könnten. Die Kursausschläge sind so extrem wie die in der Unterschrift von Donald Trump. Und in meiner mal gierig optimistischen, mal verzagten Seele werden diese Ausschläge nach oben und unten noch verdoppelt.
Ich sollte ein Problem erwähnen, das in diesem Zusammenhang nicht ganz unwichtig ist: Ich kriege das Handy nicht mehr an, auf dem die Bitcoins liegen. Es könnte am Akku liegen. Vielleicht ist das Gerät aber auch hinüber – dann wären die Bitcoins für immer verloren. Leider habe ich damals kein Back-up meines digitalen Geldbeutels erstellt, wie man es eigentlich machen soll. Ich war zu faul und hatte nicht ganz verstanden, wie es geht (ich bin ehemaliger Waldorfschüler). Ich finde nicht einmal das Ladekabel für das Handy. Wenn in ein paar Jahren ein Bitcoin wirklich reich macht, könnte ich ziemlich blöd dastehen. Es ist, als hätte mich der Regisseur des Schicksals dazu ausersehen, die Lächerlichkeit des menschlichen Strebens nach Geld vorzuführen.
Natürlich fragt mich jeder, der von meinen zwei Bitcoins weiß, warum ich nicht sofort alles in Bewegung setze, um das Handy instandzusetzen. Nun ja. Immerhin habe ich bisher davon profitiert, dass ich nicht auf die Bitcoins zugreifen konnte. Sonst hätte ich sie wohl schon 2015 oder 2016 zu einem viel geringeren Kurs verkauft. Zur Untätigkeit gezwungen zu sein, kann also sein Gutes haben. Manchmal denke ich auch, dass es ohnehin nur um den großen Traum geht, nicht um seine Realisierung. Ich habe etliche Studien über den Zusammenhang von Geld und Glück gelesen, es ist wissenschaftlich höchst umstritten, ob ab einem gewissen Punkt mehr Besitz mehr Zufriedenheit verschafft. Wer reich ist, muss sich mit Vermögensverwaltern treffen, fürchtet sich vor Verlust und Diebstahl, falschen Freunden, teuren Scheidungen und fängt vielleicht sogar noch an, Golf zu spielen. Gut möglich, dass ich nur eine billige Entschuldigung für mein wunderliches Verhalten suche, aber könnte folgende These stimmen: Besser, als reich zu sein, ist die Aussicht darauf?